Stellungnahme Berlin, 23. Februar 2012:
Mit der nun zum 9. März 2012 angekündigten abermaligen Kürzung der Solarstromvergütung zeigt die schwarz-gelbe Koalition abermals ihre wahren Absichten. Es geht nicht um die beschleunigte Energiewende; es geht nicht um die strukturelle Anpassung der Netze, damit Erneuerbare Energien nach dem Erfolgskonzept der letzten Jahren auf Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, EEG, nach und nach die fossil-atomaren Kapazitäten ersetzen. Es geht vielmehr um Bestandssicherung und das Ausbremsen der Energiewende nach der Devise: „Der fossil-atomare Kraftwerkspark muss sich noch weiter lohnen“. Noch mehr Erneuerbare Energien als der bereits 21 %-Anteil im Stromnetz und „zu viel“ dezentral erzeugter Solarstrom bedeuten, dass die Netzbetreiber massiv in die Umrüstung der Netze investieren müssen. Die insoweit vorrangig in die Netze aufzunehmenden Erneuerbaren Energien bedeuten zudem, dass der fossil-atomare Großkraftwerkspark unrentabel wird. Insofern stehen die Zeichen auf Verzögerung und Deckelung regenerativer Energien.
Das EEG steht für Investitionssicherheit bei allen hiermit zusammenhängenden Wirtschaftszweigen und die fortzusetzende vorrangige Einspeisung erneuerbarer Energien. Seit längerer Zeit wird allerdings Strom aus regenerativen Energien abgeregelt, womit verfügbarer regenerativer Strom wegen Netzkapazitätsengpässen nicht genutzt werden kann. Dies gilt mit der letzten EEG-Novelle nun auch für Photovoltaikstrom von größeren als 30 KW-Anlagen, womit die Ohnmacht gegenüber den bevorstehenden netzstrukturellen Veränderungen sogar gesetzlich fixiert wurde. Insofern ist es dringend geboten, das EEG als Hebel für die Anwendung Erneuerbarer Energien und einen entsprechenden Netzstrukturwandel einzusetzen und um einen sogenannten Speicherbonus zu ergänzen. Ein solcher bietet Anreiz zur Entwicklung bzw. technologischen Optimierung von Speichern, deren Markteinführung und massenweisen Anwendung. Nur mit der Verwendung von Speichern wird der zukünftige Mix aus Erneuerbaren Energien mit den Netzkapazitäten in Einklang zu bringen sein.
Die abermalige Vergütungssatzabsenkung soll offenkundig den erwarteten Photovoltaikausbau ausbremsen und damit von den Erfordernissen eines dringend den Energievorkommen anzupassenden Kapazitätsmanagements ablenken. Schätzungen zur Folge wird der Photovoltaikausbau in diesem Jahr einen weiteren Rekord brechen. Waren es im letzten Jahr sieben GW könnten es in diesem Jahr nochmal 50 % mehr werden. Statt die hiermit erwartungsgemäß überforderten Netzkapazitäten auf die Energiewende vorzubereiten, versucht man diese nun ein weiteres Mal aufzuhalten. Dies ist ein Armutszeugnis für die Politik und die Handschrift einer Regierung, die den Erneuerbaren Energien noch vor einem Jahr das Potenzial einer Energiewende ohne Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke absprach.
Das Parlament als Urheber des EEG ist nun aufgefordert, diesen hilflos wirkenden Ablenkungsmanövern ein Ende zu bereiten und die Energiewende fortzusetzen. Wie auch immer die Solarstromvergütung dabei ausfällt: Die eigentliche Aufgabe liegt darin, dezentrale Speichertechnologien in den Markt einzuführen und nicht fortwährend über Vergütungssatzänderungen von den zentralen Herausforderungen der Energiewende abzulenken.
Nur mit der offensiven Einführung dezentraler Speicher kann Deutschland fortgesetzt seiner weltweiten Export- und Vorreiterrolle bei der technologischen Entwicklung und Verwirklichung der beschleunigten Energiewende gerecht werden.
Es steht hierbei übrigens nicht die Energiewende als solche in Frage, sondern wann, unter wessen Beteiligung und zu wessen Nutzen sie vollzogen wird. Jede Verzögerung ist ein Gewinn für die fossil-atomare Energiewirtschaft und schadet der Allgemeinheit.
Dr. Nina Scheer
Vorstand Hermann-Scheer-Stiftung